Per Anhalter durch meine Galaxis - Gedanken und Geschichten nicht nur von dieser Welt

"The following statement is false:
The previous statement is true.
Welcome to our corner of the universe

Anonymous
Seefra Denizen
CY 10210"
(Andromeda: The Past is Prolix)

Sonntag, 11. März 2012

Sonntags-Pausen-Krimi 5: Spannungsbad

Spannungsbad

Mit klopfendem Herzen beobachtete Holger von der anderen, dunklen Straßenseite aus, wie der geschlossene Zinksarg von zwei Männern aus seinem Haus getragen wurde. Sie bugsierten den Sarg durch das Gartentor und schoben ihn in den schwarzen Wagen, der vor dem Grundstück parkte.
Es hatte also funktioniert! Holger spürte, wie sich sein Atem vor Aufregung beschleunigte. Schnell zog er sich in den Schatten der Platane zurück, unter der er stand. Er lehnte sich mit dem Rücken an den Stamm, schloss die Augen und atmete tief ein.
Er stellte sich noch einmal, wie schon oft in der Planungsphase, die Szene vor, die sich im Bad abgespielt haben musste.
Seine Frau Edith hatte sich, wie jeden Abend, auf ihr heißes Schaumbad in der Sprudelwanne vorbereitet. Das Glas Prosecco, die klassische Musik, die Kerzen. Holger konnte alles vor sich sehen. Der Bademantel fiel zu Boden, erst ein, dann ein zweiter nackter Fuß versank im Schaum. Sie betätigte den Schalter, der das Wasser zum Sprudeln bringen sollte und dann …
Nun, diesmal wurde keine Luft ins Wasser transportiert, sondern Strom! Ein paar Kabel, die anders angeschlossen werden mussten, ein paar Vorkehrungen, damit die Manipulation nicht auf den ersten Blick auffiel. Holger hatte sorgfältig geplant und dann genau gewusst, was zu tun war. Es sollte immerhin wie ein Unfall aussehen!
Er dachte auch an das Telefonat, das er später noch mit seiner Schwägerin Hedwig führen wollte. Mit der Schwester seiner … verstorbenen Ehefrau. Er lächelte. Wie lange hatten sie nun schon ein Verhältnis, ohne dass Edith etwas ahnte? Sie war so eitel und von sich selbst überzeugt. Niemals hätte sie auch nur vermutet, dass schon längst eine andere ihren Platz in seinem Herzen eingenommen hatte. Und dann auch noch ihre eigene Schwester!
Holger holte noch einmal tief Luft und bereitete sich auf seinen Auftritt vor. Jetzt durfte er keinen Fehler machen. Er schob die Hände in die Manteltaschen, zog die Schultern hoch und marschierte über die Straße.
Kurz vor dem Tor blieb er stehen, scheinbar erschreckt vom Anblick des Leichenwagens, des Notarztes und der Polizisten. Er zog die Hände aus den Taschen und packte den Polizisten, der dem Tor am nächsten stand, am Arm.
"Was ist hier los? Was ist passiert?" Holger lobte sich still für seine schauspielerischen Qualitäten.
"Holger! Ach Holger!" Eine weibliche Gestalt löste sich aus dem grellen Licht des Hauseinganges und kam schluchzend auf ihn zu gerannt. "Es ist schrecklich!"
Er blieb verwirrt stehen. Hedwig? Wie konnte sie denn schon Bescheid wissen? Die Frau kam näher und endlich sah Holger sie deutlich. Edith! Edith?
"Ach Holger, es ist entsetzlich. Hedwig … sie kam vorhin her und war ganz aufgelöst. Sie wollte mir irgendwas erzählen. Aber ich habe ihr angeboten," ein weiteres Schluchzen, "sie sollte sich doch erst mal beruhigen, sich entspannen. Ich bot ihr an, an meiner Stelle das Bad zu nehmen."
Die Welt um Holger begann sich zu drehen und versank in Schwärze...


Copyright Esther Koch 28.02.2011

2 Kommentare:

Wolfgang Weitzdörfer hat gesagt…

Der Titel ist übrigens sehr, sehr, sehr prima!!! :-)

Trillian hat gesagt…

Danke Dir. :-)