Per Anhalter durch meine Galaxis - Gedanken und Geschichten nicht nur von dieser Welt

"The following statement is false:
The previous statement is true.
Welcome to our corner of the universe

Anonymous
Seefra Denizen
CY 10210"
(Andromeda: The Past is Prolix)

Sonntag, 8. April 2012

Sonntags-Pausen-Krimi 9: Fleischesser leben länger

An dieser Stelle muss und möchte ich vorausschicken, dass die Idee zu folgender Geschichte von meinem Sohn Robert stammt, der mir eines Tages eine ganz einfache Frage gestellt hat.


Fleischesser leben länger

"Schon wieder Obst?"
"Was denn sonst, Schatz?"
"Ach, was weiß ich. Lass dir doch mal was Anderes einfallen."
Unverständliches Zeug vor sich hin murmelnd stapfte er davon und ließ seine Frau sitzen, wo sie war, inmitten einer Auswahl herrlicher Früchte, die sie für die Mahlzeit angerichtet hatte.
Sie seufzte und betrachtete sich enttäuscht die Ananasscheiben, die sie besonders liebevoll mit Kiwiwürfeln und Kirschen verziert hatte. Dann stand sie auf und schlenderte in die entgegengesetzte Richtung.
In letzter Zeit meckerte ihr Mann immer am Essen herum. Aber sie konnte ihn ja verstehen. Diese Obst-Diät, auf die man sie gesetzt hatte, kam auch ihr langsam zu den Ohren heraus. Nur wollte ihr gerade nicht einfallen, was sie für sich und ihren Liebsten stattdessen auftischen sollte.
Sie spazierte gedankenverloren durch den Garten, bis sie merkte, dass sie an dieser Stelle noch nie gewesen war.
'Hoppla, hier sollen wir ja eigentlich gar nicht … ' dachte sie und wollte eben umkehren, als sie in ihrer Nähe eine Stimme vernahm.
"Hey, Süße."
Sie blieb stehen und sah sich um.
"Ja, genau du, mein Schätzchen," sprach die Stimme wieder.
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und antwortete: "Süße und Schätzchen darf mich nur einer nennen. Und das bist sicher nicht du. Wer immer du bist."
"Komm doch ein bisschen näher, Baby. Dann siehst du mich."
Sie verdrehte die Augen. "Baby? Jetzt reicht's aber gleich." Tatsächlich aber ging sie ein paar Schritte zurück, auf einen prächtigen Baum zu, dessen pralle Früchte einladend von den saftiggrünen Ästen herabhingen.
"Weißt du, was das hier ist?" fragte die Stimme.
"Nee, ist mir auch egal. Jetzt wüßte ich lieber erst mal, wer du bist. Sonst bin ich nämlich weg."
"Schau nach oben, Honey."
Sie trat an den Stamm des Baumes und blickte in die süß-duftende Krone hinauf. "Iiiieeeh!" schrie sie. "Was bist'n du?"
"Das spielt doch keine Rolle," säuselte die Stimme, während ihr Besitzer sich langsam aus dem Baum herab auf die Frau zu bewegte. "Interessanter ist doch, was ich für dich tun kann."
"Und was kannst du für mich tun?" fragte die Frau.
"Siehst du diese Früchte?"
"Ich bin ja nicht blind," zischte sie in die Krone hinauf.
"Diese Früchte," sagte die Stimme, deren Besitzer sich nun auf Augenhöhe mit der Frau befand, "süß und üppig und saftig aber fest und duftend. So wie du, mein Schatz, mit deinen prallen …"
"HEY," rief die Frau. "Halt dich gefälligst zurück, ja? Ich hole jetzt besser meinen Mann." Sie wandte sich ab und machte ein paar Schritte vom Baum weg.
"So warte doch," säuselte das Wesen vom untersten Ast her. "Willst du ihm nicht etwas mitnehmen? Ein Geschenk? Etwas Leckeres?"
Die Frau schnaubte. "Lecker? Ist doch auch nur wieder Obst."
"Jaaa, aber das hier ist ein ganz besonderes Obst."
"Ach ja? Ich sag dir, was daran besonders ist. Es ist GIFTIG!"
"Jaaa, ich verstehe. Euch ist gesagt worden, dass ihr von diesem Obst nicht essen sollt, weil ihr dann angeblich sterbt, richtig?"
Die Frau ging langsam zum Baum zurück. "Das … stimmt. Und?"
"Das war gelooogen. Wenn ihr das hier esst, werdet ihr superschlau und bekommt Superkräfte. Und das will man um jeden Preis verhindern!"
"Ach, tatsächlich?" Interessiert untersuchte die Frau eine Frucht, die besonders weit unten hing.
"Ssicher. Wenn ihr diese Früchte essst, werdet ihr unssssterblich!"
Die Frau trat näher und betrachtete abwechselnd die Frucht und die Kreatur, die nun ebensoweit unten an einem Ast schaukelte.
"Wenn man also von diesem Obst isst, wird man unsterblich?"
"Aber jaaaa, Liebchen. Würde ich dich anlügen?"
Sie zuckte mit den Schultern. "Na, einer von euch lügt wohl auf jeden Fall," murmelte sie.
"Wassss sagssst du?" fragte das Wesen.
"Och, gar nichts. Sag mal … hast du denn von den Früchten gegessen?"
"Ich, äh, nein, wiesssso?"
"Ach, nur so," antwortete die Frau und pflückte die unterste Frucht, die schwer und fest in ihrer Hand lag. Sie hob sie an ihre Nase, dann hielt sie sie hoch ins Sonnenlicht, betrachtete für einen Augenblick die glänzende Farbe und ließ sie wieder herabschnellen.

*****
"Unterschätze niemals eine hungrige Menschenfrau, Baby," dachte Eva, während sie den Schlangenkadaver langsam über dem Feuer drehte. "Adam! Essen ist fertig!"


Copyright Esther Koch 29.02.2012


Roberts Frage lautete übrigens:

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"Warum hat die blöde Eva damals eigentlich nicht die Schlange gegessen, anstatt den Apfel?"

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