Per Anhalter durch meine Galaxis - Gedanken und Geschichten nicht nur von dieser Welt

"The following statement is false:
The previous statement is true.
Welcome to our corner of the universe

Anonymous
Seefra Denizen
CY 10210"
(Andromeda: The Past is Prolix)

Montag, 17. Juli 2017

Tempoverringerung

Life’s like a novel
with the end ripped out.
- Stand, Rascal Flatts


Tempoverringerung

Mammographie, Biopsie (die – Nachbemerkung – übrigens gar nicht erwähnenswert schlimm war, möglicherweise meiner Dr.Google-Ignoranz in diesem Fall geschuldet) und Ultraschall waren nicht bei meinem eigenen Gyn durchgeführt worden, weil dieser nicht über ein eigenes Mammographiegerät verfügt.
Ergo stand als nächstes ein Gesprächstermin bei ihm auf der Agenda.

Interessanterweise kamen da ähnliche Sprüche wie vorher. „Gut heilbar“, „kein Grund zur Aufregung“, „glücklicherweise früh erkannt“.
Sicher. Aber wenn sich das nur so einfach verinnerlichen ließe. Ich habe trotzdem immer noch das Gefühl, über einem Abgrund Seil zu tanzen.

Und natürlich beförderten sich auch meine Depressionen wieder akut in mein Leben zurück. Mit einem exhibitionistischen Sprung aus der finstersten Ecke meiner Seele heraus.

Mit einer Diagnose wie meiner hätte und hat jede davon betroffene Psyche zu kämpfen. Verständlicherweise. Wozu gäbe es sonst das Fachgebiet der Psychoonkologie?
Aber sicherheitshalber habe ich meine Therapeutin mit ins Boot geholt, um dem schwarzflügligen Arsch gleich von Anfang an in die Eier zu treten.

Die Erwähnung meiner Therapeutin hat meinen Arzt zu einem Kopfschütteln veranlasst. „Ich habe doch schon am Telefon versucht, ein bisschen Druck rauszunehmen.“
Sie haben Krebs, aber keinen Grund zur Sorge …?
Äääh … ja, wie gesagt: Dankevielmals. Psychoonkologie?? Hmmm???

Bemerkenswerterweise hatte ich kurz vor der Diagnose angefangen, mir Gedanken über mein Leben zu machen.
Ich bin nicht unzufrieden. Naja, nicht über mein Leben und meine Aufgaben darin. Nur mit der Organisation derselben vielleicht.
Ich hatte überlegt, wie ich Druck und Geschwindigkeit aus meinem Leben herausnehmen könnte, ohne zu viel über Bord schmeißen zu müssen.

Tadaaaah!

Ich soll positiv denken? Na gut. Immerhin brauche ich jetzt keine Entschuldigungen mehr, wenn ich Termine nicht wahrnehme, oder gar nicht erst irgendwelche neuen verabrede.
Auch eine Depressionserkrankung wäre schon eine ausreichende Rechtfertigung für eine Temporeduzierung gewesen. Aber so ist es eben. Wenn man den Leuten sagt, man hätte Krebs, dann können sie damit etwas anfangen.
Zumal ich nicht die erste in unserem Dörfchen bin.
Depressionen sind leider immer noch zu schwammig. Aufklärung ist da brennend notwendig!

Bei meinen Arbeitgebern stieß ich auf Verständnis und Dankbarkeit für meine Offenheit. In allen Fällen fiel mir jedesmal ein großer Stein vom Herzen, jedesmal ein bisschen weniger, um das ich mich kümmern musste. Ein bisschen mehr Freiheit für meine Gedanken, dahin zu gehen, wo sie wollten.

Mich zu konzentrieren fällt mir ohnehin seit Tag 1 meines neuen Kalenders unheimlich schwer. Anfangs hatte ich sogar Probleme, einigermaßen kohärente Sätze zustande zu bringen. Mittlerweile verwende ich schon wieder Worte wie „kohärent“ …

Meine letzten Arbeitstage hatte ich mittlerweile bis auf nicht absehbare Zeit. Meine Englischkursteilnehmer sind informiert, mein Stellvertreter und die anderen Ortschaftsräte haben mein vollstes Vertrauen, das Hundefutter für meinen Barf-Goldie ist für die nächsten zwei Wochen portioniert, genauso wie das Menschenfutter für Mann und Söhne. Wobei ich damit rechne, dass diverse umliegende Döner- und Burger-Buden demnächst den Umsatz ihres Lebens machen werden ...

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