Per Anhalter durch meine Galaxis - Gedanken und Geschichten nicht nur von dieser Welt

"The following statement is false:
The previous statement is true.
Welcome to our corner of the universe

Anonymous
Seefra Denizen
CY 10210"
(Andromeda: The Past is Prolix)

Freitag, 18. Januar 2013

Die pavianarschfarbene Majuskel – Teil 2: Dienstleistungsodyssee

 hier(Fortsetzung von Teil 1:)


    Am 9. November vergangenen Jahres stellten wir einen Antrag auf Umzugsservice und erhielten die erste Bestätigung unseres Auftrages kurz darauf noch vom selben Tag datiert.
    Ja, wir wollten ganz unschuldig und nichtsahnend umziehen. Von einer Mietwohnung in ein etwas geräumigeres Domizil im selben Dorf. Die Entfernung zwischen beiden beträgt ungefähr vierhundert Meter. Eine der Eulen, die wir des Nachts im Wald miteinander plaudern hören können, würde vermutlich nicht mehr als 10 Sekunden benötigen, um auf direktem Weg vom einen zum anderen zu fliegen.
     Genauso unschuldig und nichtsahnend dachten wir, der vom Konzern mit der pavianarschfarbenen Majuskel angebotene Umzugsservice wäre doch ganz schick, da könnten wir sogar unsere Rufnummer behalten.
    Wir haben von Fällen gehört, da hat das sogar funktioniert. Ich kenne ein nicht-imaginäres (!) weibliches Wesen, welches bereits mindestens zweimal in den vergangenen fünfundzwanzig Jahren umgezogen ist und trotzdem immer noch die allererste Telefonnummer besitzt, die sie mir dereinst bei einem Glas Guinness nach einer Stunde unseres irisch-gälischen Sprachkurses genannt hat.

    Irgendwann im vergangenen Jahrtausend.

    Wenige Tage später erhielten wir eine hoffnungschürende Auftragsbestätigung, datierend 12. November, mit Datumsnennung - eine knappe Woche in der damaligen Zukunft - an welchem der Techniker uns in die Welt der Kommunikation zurückführen werde.
    Ach ja, folgende kleine Tatsache möchten wir bitte in den nächsten Minuten immer im Gedächtnis behalten: Das ABSCHALTEN von Telefon und Internet zum genannten Datum unseres Auszuges hat übrigens perfekt funktioniert! Auf den Tag! Und die Rechnungen sind vorher auch immer pünktlich gekommen, und die Beträge wurden immer ohne jegliche Säumnis von unserem Konto abgebucht ...
    Wir waren also am angegebenen Tag im angegebenen Zeitfenster vor Ort. Immerhin war uns angedroht worden … ich darf mal zitieren:
    "Sollte unser Technischer Service Sie zum vereinbarten Termin nicht antreffen, stellen wir Ihnen die Anfahrtspauschale sowie gegebenenfalls weitere anfallende Serviceleistungen in Rechnung."
    So. Wir waren also vor Ort. Nicht aus Angst vor der angedrohten Strafe, sondern, naja, einfach weil wir ein berechtigtes Interesse hatten, dass der Techniker das Haus betreten und uns mit Kommunikationsfähigkeit ausstatten kann!
    Und wer tauchte nicht auf? Sagen wir es zusammen? Der Techniker des Konzerns mit der pavianarschfarbenen Majuskel! Natürlich. Einfach so. Ohne Erklärung.
    Also hängten wir uns aus dem Fenster in den Sehrspätherbstwind hinaus und wählten – zum ersten von bisher ungefähr eintausendsiebenhundertachtundzwanzig Malen – eine gewisse 0800er-Nummer. Eine andere gibt es ja nicht. Für ganz Deutschland.
    Und der Alptraum nahm seinen Anfang. Sinngemäß ...

    "Guten Tag und herzlich willkommen beim Kundendienst des Konzerns mit der pavianarschfarbenen Majuskel. Um Sie mit dem passenden Berater verbinden zu können, nennen Sie uns bitte den Grund Ihres Anrufs. Sagen Sie zum Beispiel 'Umzug' oder 'Störung'. Oder nennen Sie einen anderen Grund für Ihren Anruf."
    "Umzug!"
    "Danke. Nennen Sie nun noch die Rufnummer, um die es geht."
    "Nullachtfuffzehnsechsausneunundvierzig!"
    "Danke. Wir verbinden Sie gleich mit dem nächsten freien Mitarbeiter.
Damit Sie nicht merken, dass uns das eigentlich egal ist, zeichnen wir zur Überprüfung der Servicequalität vereinzelt Gespräche auf. Wenn Sie mit einer solchen Aufzeichnung einverstanden sind, sagen sie bitte 'Ja'."
    "JA!"
    "Vielen Dank. Wir werden Sie mit dem nächsten freien Mitarbeiter verbinden. Bitte halten Sie Ihre Kundennummer bereit."
    "Täglich träumt im weißen Sande, der Boy von Ipanema am Strande …."
    Fünf bis zehn Minuten später …
    "Guten Tag, mein Name ist Meisenkaiser. Was kann ich für Sie tun?"
    "Naja, wir haben hier eben zwei Stunden lang auf Ihren angekündigten Techniker gewartet, aber der ist nicht gekommen."
    "Sagen Sie mir mal bitte die Kundennummer?"
    "314159265358979323846."
    "Danke … ah … ja … öm … hatten Sie da eine Auftragsbestätigung erhalten? Ah, ich seh schon, ja."
    "Klar hatten wir da eine Auftragsbestätigung erhalten. Mit Datum und Uhrzeit und Strafandrohung, falls wir nicht da sein sollten."
    "Naja, aber … ..."
    "Was denn, 'aber'?"
    "Naja, für die von Ihnen angegebene Adresse ist gar keine freie Leitung vorgesehen."
    "Was soll das heißen 'keine freie Leitung vorgesehen'????"

    Hier sei angemerkt, wir sind in ein quasi Neubaugebiet gezogen. Es ist richtig, dass Telefon- und erst recht Internetleitungen für diesen Bereich etwas spärlich vorhanden waren. Bis zum vergangenen Sommer, als ich mit eigenen Augen gesehen habe, dass Techniker (es gibt sie also tatsächlich! Wenigstens einen oder zwei) vom Konzern mit der pavianarschfarbenen Majuskel die Straße aufgerissen und Leitungen zwischen betreffenden Kästen hin und her gezogen haben.
    Mittlerweile haben uns sowohl unsere Ortschaftsverwaltung als auch die zuständigen Stellen der Kreisstadt, zu der wir gehören, mehrmals bestätigt, dass die Leitungen da sind!

    "Nun, es sind für Ihr Haus keine freien Leitungen verfügbar."
    "Das ist Quatsch! Natürlich sind da Leitungen verfügbar."
    "Nein, es sind keine Leitungen ..."
    "Klar sind da Leitungen …"

    Und das ging eine Weile so hin und her. Offensichtlich hatte dem Computer niemand gesagt, dass sich die Leitungen auf wundersame Weise vermehrt hatten, und leider ist ja offensichtlich der Computer der einzige Mitarbeiter des Konzerns mit der pavianarschfarbenen Majuskel, der das gesamte Wissen besitzt. Dass dieses möglicherweise eventuell vielleicht unvollständig sein könnte, wird von den menschlichen Mitarbeitern, wenn man sie darauf anspricht, angezweifelt und vehement bestritten.
    Es ging eine Woche und der Gewaltteil des Umzugs (also der mit den schweren Möbeln – Danke an Torsten und Bernd! Und an die Handwerker, die zeitweise ihre Schraubendreher und Pinsel beiseite gelegt und mal eben mit angefasst haben!) ins Land. Ohne weiteres Lebenszeichen vom Konzern mit der pavianarschfarbenen Majuskel.
    Also begannen wir, im Zweitagesrhythmus die 0800er-Nummer zu wählen. Ich kann nur hoffen, dass es einige von unseren Gesprächen waren, die da zur Überprüfung der Servicequalität aufgezeichnet wurden.
    Servicequalität. Aaah ja.
    Nun denn, wie ging der … Service wohl weiter?
    Es wurde uns des öfteren mitgeteilt, dass keine Leitung vorhanden sei. Bis zu jenem einen Tag, an dem wir endlich an einen Mitarbeiter gelangten, der versicherte, es seien Leitungen da, und er werde der Sache nachgehen. Diese Versicherung war ebenso konsequenzenreich wie der Furz eines Flohs, der sein Lager neben der Bürzeldrüse eines Rhinoplaxil vigil aufgeschlagen hat.
    Beim nächsten Anruf wurde wieder behauptet, es gebe KEINE Leitungen … Wer die wohl über Nacht wieder geklaut hatte?
    Der Mitarbeiter zwei Tage später konnte mir meine Frage, wer genau mich denn da verarsche, da es ja wohl kaum gleichzeitig eine Leitung und keine Leitung geben könne, leider nicht zufriedenstellend beantworten. Aber er versprach, eine Mail an den zuständigen Sachbearbeiter zu schicken.
    Es gibt da EINEN ZUSTÄNDIGEN Sachbearbeiter? Je nach Lesart kämpft in mir die Erkenntnis über die Quelle der Unfähigkeit mit dem Nicht-glauben-wollen, dass da tatsächlich jemand zuständig sein könnte.
    Aber selbst zwischen Zuständigkeit und Ahnung liegen ja noch Galaxien!

    Inzwischen hatten wir – angeregt durch eine Hotline-Dame – den Versuch des Umzugsauftrages zu Grabe getragen.    

    "Die Rufnummer, die Sie da angegeben haben, ist aber noch nicht freigegeben."
    "Wieso sollte die denn auch freigegeben werden? Das ist doch unsere Nummer und soll es auch bleiben! Um-zugs-service! Verstehen Sie?"
    "Da scheint aber das Problem zu liegen. Wollen Sie die Nummer unbedingt behalten, oder könnten Sie auch eine neue Nummer bekommen?"
    "Wir nehmen von mir aus auch eine neue Nummer, wenn das die Sache endlich in Gang bringt."
    "Okay. Dann storniere ich jetzt Ihren Auftrag."
    "Wie ... stornieren?"
    "Ich muss Ihren Auftrag dann jetzt erst mal stornieren."
    "Das heißt, die ganze Chose geht von vorne los?"
    "Also, erst mal muss ich Ihren Auftrag stornieren."
    "Heißt das, es geht wieder von vorne los??? Mit der wochenlangen Warterei und so?"
    "Naja, ich storniere Ihren Auftrag jetzt erst mal."
    "Irrgs …"
    "Und gebe dann einen neuen Auftrag ein."
    "Und dann passiert auch endlich wirklich was?"
    "Wir überprüfen dann, wann die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stehen."
    "…"

    Nicht 'ob' sie zur Verfügung stehen, sondern 'wann'. Das brachte mehr Unruhe als Entspannung. Und Ressourcen scheint nicht nur ein anderer Begriff für 'Leitungen' zu sein, sondern auch für Techniker und Hotlinemitarbeiterhirnmasse.
    Wir würden also eine neue Telefonnummer bekommen. Was soll's. Das haben wir schon des öfteren überlebt. Wenn wir nur endlich die Möglichkeit bekämen, diese Nummer auch zu nutzen …

*Fortsetzung folgt hier*

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